Protestbrief zur Absage des Klassik Open Air Festivals

In einem Brief an Staatsminister Bernd Sibler und Ministerpräsident Markus Söder äußern die Orchestervorstände der Staatsphilharmonie Nürnberg und der Nürnberger Symponiker ihr „absolutes Unverständnis“ und ziehen den Vergleich zur Allianz-Arena und zum Open Air Festival „Klassik am Odeonsplatz“ in München.

Einen Auszug aus dem Brief möchten wir auch hier veröffentlichen:

wir, die Orchestervorstände der Staatsphilharmonie Nürnberg und der Nürnberger Symphoniker wenden uns mit diesem Brief an Sie, um Ihnen unser absolutes Unverständnis über die Entscheidung zum Nürnberger „Klassik Open Air“ Festival auszudrücken.

Das Festival bildet schon seit über 20 Jahren einen krönenden Abschluss der Spielzeit und vermag dabei etwas zu schaffen, was als einer der größten Wünsche an die klassische Kultur immer wieder gestellt wird: Es verbindet Menschen aller Altersstufen, Nationalitäten und sozialen Schichten und schafft somit den oft zitierten „niederschwelligen Zugang“ zur Kultur.

Erneut diesem Fest der Musik beraubt zu werden, ist für uns eine niederschmetternde Erfahrung, denn es hindert uns nachhaltig, den lang ersehnten und dringend notwendigen Kontakt zu unserem Publikum wiederaufzubauen.

Im Sinne des Gesundheitsschutzes war eine Absage des „Klassik Open Air“ im vergangen Jahr zwar schmerzlich, jedoch leicht nachvollziehbar angesichts der pandemischen Lage. Betrachtet man jedoch die diesjährige Sondererlaubnis vom 4.6.2021, in der die bayerische Staatsregierung eine Stadionauslastung von 20% zu den vier Fußballspielen in München zugelassen hat, so merkt man, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Denn die Voraussetzungen, wie sie für diese Sondererlaubnis in München definiert wurden (1. vorbildliche Infektionsschutzkonzepte der Spielveranstalter, 2. ein negativer aktueller Test jedes einzelnen Zuschauers und 3. eine gesicherte Zerstreuung der Zuschauer vor und nach dem Spiel), hätten auch für das „Klassik Open Air“ definiert und umgesetzt werden können.

Hinzu kommt, dass das Verhältnis der Menge an Besuchern zum Platzangebot bei der Veranstaltung im Luitpoldhain deutlich positiver läge. Wir erlauben uns an dieser Stelle den rechnerischen Vergleich:

Allianz Arena: 37.600 m² (überbaute Fläche) / 14.500 Zuschauer = 2,6 m² / Zuschauer
Luitpoldhain: 55.000 m² / 8.000 Zuschauer = 6,9 m² / Zuschauer

Sicherlich gibt es noch weitere Gründe, die in die Betrachtung mit hineinfallen, daher möchten wir auch einen kurzen Vergleich mit der Veranstaltung „Klassik am Odeonsplatz“ in München heranziehen:

Auch diese Veranstaltung hat bis vor einem Monat noch um eine Sondergenehmigung gerungen. Wir freuen uns sehr, dass es gelungen ist, auf einer Fläche, die für 8000 Zuschauer ausgelegt ist ein Publikum von 2000 Zuschauern (25%) zuzulassen. Mit dem Konzept der Doppelvorstellungen konnte so eine wichtige kulturelle Veranstaltung gerettet werden.

Erneut: Das „Klassik Open Air“ Festival ist für 80.000 Zuschauer ausgelegt und sollte ohnehin auf 8.000 Zuschauer (10%) reduziert werden.

Ist die Mühe eine individuelle Lösung auch für Nürnberg zu finden zu groß? Sind wir zu weit von München entfernt, um in unserer Bedeutung als wichtig wahrgenommen zu werden? Ist die Gesellschaft derjenigen Menschen, die solche kulturellen Angebote nutzen weniger wichtig, als die Gesellschaft derjenigen, die gerne Fußball schauen?

Gerade von Ihnen hätten wir uns einen größeren Einsatz für die Nürnberger Kultur und für die Nürnberger Stadtbevölkerung gewünscht und erwartet. Dass nun nach bereits weit fortgeschrittenem Planungsstand doch die Absage erfolgen musste, da nur eine Maximalzahl von 2000 Zuschauern genehmigt worden ist, können wir uns nicht anders erklären, als dass unsere Lobby anscheinend nicht groß genug ist um es mit der Konkurrenz der großen Spieler in Sport und Kultur aufzunehmen.